Veranstaltungs-Fotos rechtssicher nach DSGVO aufnehmen
Seit der Anwendung der DSGVO herrscht Ungewissheit bei Fotografen, Veranstaltern und fotografierten bzw. gefilmten Gästen. Daraus ergeben sich nicht selten unsinnige und nicht rechtskonforme Hinweise zu Bildrechten und Datenschutz, welche unwissende Veranstalter den Besuchern von Veranstaltungen aufzwingen wollen. Andere Veranstalter verzichten sicherheitshalber komplett auf Fotografen. Dabei hat sich eigentlich gar nicht viel geändert, solange man ein paar Details beachtet. Was erlaubt ist, welche Rechte die Fotografierten haben und wie man sich datenschutzrechtlich bestmöglich absichert, erfährst Du in diesem Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Wie war die Rechtslage vor der DSGVO?
Bei der Erstellung von Aufnahmen müssen wir bei Bildrechten zuerst zwischen zwei Dingen unterscheiden. Zum einen die Persönlichkeitsrechte der/des Abgelichteten und zum anderen die Urheberrechte.
Die Urheberrechte liegen, wenn nicht vertraglich anders geregelt, beim Ersteller der Aufnahme bzw. beim Fotografen. Ohne dessen Zustimmung, besteht kein Recht auf Vervielfältigung oder Nutzung des Bildes. Um das Bild einer oder mehrerer Personen allerdings aufnehmen zu dürfen, bedarf es bereits einer Rechtsgrundlage. Diese war bisher in Deutschland durch das Kunsturhebergesetz (KunstUrhG, KUG) geregelt.
Nach dem § 22 KunstUrhG hat der Fotografierte das Recht am eigenen Bild. Personen-Bilder dürfen also nur mit der Einwilligung der/des Abgebildeten verbreitet oder veröffentlicht werden. Dabei kann eine Einwilligung auch durch konkludentes Handeln wie z. B. durch das bewusste Lächeln und Posieren vor der Kamera gegeben werden. Auch, wenn die/der Abgebildete für die Aufnahmen entlohnt wird, kann von einer Einwilligung ausgegangen werden. Eine bestimmte Anzahl an Menschen, ab der ein Gruppenbild mit erkennbaren Personen zu einer Menschenmenge wird, gibt es – entgegen des Glaubens vieler – gesetzlich nicht. Daher müssen bei Gruppenfotos alle Fotografierten eine Einwilligung geben. Bei stillschweigenden Einwilligungen ist im Zweifel immer der Fotograf in der Nachweispflicht. Eine bestehende schriftliche Einwilligung ist in dem Fall von Vorteil.
Es gibt ein paar Ausnahmen, nach denen auch ohne eine erforderliche Einwilligung Aufnahmen verbreitet und veröffentlicht werden dürfen. Diese gibt der § 23 KUG vor. Dazu zählen Bilder der Zeitgeschichte (auch Personen der Zeitgeschichte, wie Prominente und Politiker), Bilder von Versammlungen, Bilder die einem höheren Interesse der Kunst dienen und Bilder, auf denen Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder Örtlichkeit erscheinen. Diese Ausnahmen gelten nur, solange kein berechtigtes Interesse der abgebildeten Person(en) verletzt wird. Dazu zählen auch intime Aufnahmen außerhalb der Panoramafreiheit und im privaten Umfeld, die diskriminieren oder das Persönlichkeitsrecht verletzen.
Eine bestehende Einwilligung kann nach dem KUG nur aus einem wichtigen Grund widerrufen werden. Ein solcher wichtiger Grund liegt dann vor, wenn sich die Einstellung der abgebildeten Person grundlegend geändert haben oder zur Wahrung wichtiger Interessen. Ein Beispiel sind Aktaufnahmen des Partners, die während einer Beziehung (für den privaten Gebrauch) erstellt wurden und nach dem Ende einer Beziehung gelöscht werden müssen (vgl. Urteil 3U1288/13, 2014 OLG Koblenz).
Was ändert sich durch die DSGVO?
Das Urheberrecht bleibt unberührt von der DSGVO. Auch das KUG bleibt bestehen, jedoch steht die europäische Rechtsvorschrift der DSGVO über dem nationalen Recht. Es bestehen allerdings viele Parallelen. Wichtig ist natürlich, dass die DSGVO bei persönlicher oder familiärer Tätigkeit keine Anwendung findet. Dazu zählen Privataufnahmen, wie dem Familienfest-Foto oder die Fotografie der Angehörigen bei der Einschulung für das Familienalbum. Die DSGVO ist hingegen selbst bei Aufnahmen, die nur auf eine Person schließen lassen geltend. Dazu zählen auch besondere Merkmale, wie bunte Haare, einzigartiger Haar- oder Kleidungsstil sowie die Verbindung mit dem Namen in der Bildbeschreibung.
Findet die DSGVO Anwendung, dann ist nach dieser die Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich verboten. Da es sich bei Personenaufnahmen auch um personenbezogene Daten handelt, ist auch deren Erstellung erst einmal verboten. Mögliche Gründe für eine Rechtmäßigkeit finden sich in Art. 6 DSGVO. Eine Rechtmäßigkeit kann in diesem Fall aufgrund einer Einwilligung der betroffenen Person, zur Erfüllung eines Vertrages, aus berechtigtem Interesse oder aus öffentlichem Interesse sinnvoll sein.
Im Falle einer Einwilligung, hat die betroffene Person das Recht, diese Einwilligung jederzeit ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Daher ist das Einholen einer Einwilligung – sei es durch konkludentes Handeln (Posieren vor der Kamera), durch schriftliche Zustimmung oder als zugestimmte Bedingung zum Einlass einer Veranstaltung – ungeeignet. Statt wie viele Anbieter auf eine Einwilligung beim Ticketkauf oder Eintritt zu beharren, ist es sinnvoller, berechtigtes Interesse als Grundlage für die Erstellung und Verarbeitung der Fotos heranzuziehen. Als berechtigtes Interesse zählt auch die Verarbeitung zu Werbezwecken. Hierbei ist lediglich wichtig, dass die persönlichen Interessen der betroffenen Person nicht überwiegen.
Gemeinsamkeiten des KUG und der DSGVO
Das KUG und die DSGVO erlauben viele Dinge, auch wenn diese auf unterschiedlichen Rechtmäßigkeiten beruhen.
Bei einem Model-Fotoshooting zum Beispiel ist nach dem KUG von einer Einwilligung auszugehen, wenn das Model für die Fotos bezahlt wird. Auch bei in der Branche üblichen Time for Pictures / Time for Prints (TFP-Vereinbarung), bei denen zwar keine Bezahlung, aber die Fotos für beide Parteien als Ergebnis entstehen, kann man von einer Einwilligung der fotografierten Person ausgehen. Nach der DSGVO besteht in beiden Fällen ganz klar ein Vertragsverhältnis, zu dessen Erfüllung eine Datenverarbeitung notwendig ist. Daher ist die entsprechende Verarbeitung und das Anfertigen der Fotos rechtmäßig.
Betroffene Personen haben nach Art. 21 DSGVO das Recht, aus Gründen, die sich aus Ihrer besonderen Situation ergeben, der Verarbeitung auf Grundlage von berechtigtem Interesse zu widersprechen. Dies deckt sich mit dem Widerruf der Einwilligung aus einem besonders wichtigen Grund nach dem KUG.
Sonderfälle und worauf nach der DSGVO besonders geachtet werden muss
Wichtig ist es, Veranstaltungsbesucher spätestens beim Erstellen der Aufnahmen nach Art. 13 DSGVO zu informieren. Idealerweise geschieht dies vor dem Ticketkauf oder Eintritt. In der Datenschutzerklärung müssen Auskünfte gegeben werden über den Verantwortlichen, den Zweck /die Interessen und Rechtsgrundlage der Verarbeitung, die Empfänger der Daten, die Dauer der Speicherung, die Rechte der betroffenen und das Bestehen eines Widerrufsrechts. Möglichkeiten der Einbindung einer Datenschutzerklärung sind: ein Hinweistext im Ticketshop, ein Datenschutzhinweis zusammen mit der Kaufbestätigung per Mail, ein sprechender Link auf den Tickets und eine sichtbare Datenschutzerklärung im Eingangsbereich.
Sollten Bilder auf Grundlage einer Einwilligung erstellt werden, ist zu beachten, dass die Möglichkeit existiert, eine bestehende Einwilligung zu Widerrufen. Dies kann zur Löschung erstellter Bilder führen. Auch wenn die Verarbeitung bis zum Widerruf rechtmäßig ist, können z. B. Willenserklärungen für Fotos, die unter Alkoholeinfluss in einer Diskothek entstehen, nichtig sein. Bei der Aufnahme von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren gelten besondere Bestimmungen. Die Einwilligung darf dann nur durch die Eltern geschehen. Dabei müssen beide Elternteile in die Verarbeitung einwilligen.
Bilder, die auf Grundlage von Berechtigtem Interesse zu Werbezwecken erstellt und verarbeitet werden, müssen in besonderen Situationen entfernt werden. Gründe, die sich aus der besonderen Situation der betroffenen Person ergeben, können sein: Lebensgefahr oder schlimme (nicht strafrechtliche) Konsequenzen und die realistische Befürchtung familiärer, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Nachteile.
Manche Betrieber und Veranstalter machen den Ticketerwerb oder Zutritt zur Veranstaltung von einer Einwilligung zur gewerblichen Datenverarbeitung oder sogar von der Abtretung sämtlicher Bildrechte abhängig. Das widerspricht nach meiner Ansicht dem Kopplungsverbot nach Art. 7 Abs. 4 DSGVO. Hier ist ganz klar die Erfüllung eines Vertrages von einer Einwilligung abhängig, die für die Vertragserfüllung nicht notwendig ist. Dies sollte tunlichst vermieden werden.
Fazit: Fotos erlaubt?!
Aufatmen für alle Fotografen und Veranstalter: Ihr dürft weiter Aufnahmen erstellen. Wenn Einzelpersonen auf den Bildern zu erkennen sind, dann müssen diese im Idealfall vorab nach Art. 13 DSGVO umfassend informiert werden. Es bedarf keiner einzelnen Einwilligung jeder abgelichten Person. Wichtig ist, die Aufnahmen nicht auf Grundlage einer Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO), sondern auf Grundlage von berechtigtem Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) zu erstellen. Solange – wie auch beim vorher geltenden Kunst-Urheber-Gesetz – keine besonderen Lösch-Gründe der fotografierten Person vorliegen, darf die Aufnahme verwendet werden. Veranstaltungsgäste müssen lediglich vorab so informiert werden, dass Sie auch die Möglichkeit der Wahrnehmung der Datenschutzinformationen haben. Dann können wie gehabt Veranstaltungsfotos und -videos erstellt und für Werbezwecke veröffentlicht werden.
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Bildquelle(n): Nathan Dumlao / Unsplash
In der IT aufgewachsen; im Marketing zuhause. Zertifizierter Datenschutzbeauftragter, Unternehmergeist und kreativer Content Creator.